TEXTILTECHNIK V – FLECHTEN
14.07.2021
Textiltechnik V – Flechten
Jahrtausendealtes Verfahren, hochmoderne Technik
Hefeteigrollen, Haarbündel, Weidenstöcke – was lang und flexibel ist, lässt sich bekanntlich flechten. Vorausgesetzt, man hat mindestens drei Stränge. Für unsere technischen Textilien werden – klar – andere Materialien verwendet: Hightech-Fasern, die wir an modernsten Flechtmaschinen zu Hochleistungstextilien verarbeiten. Dabei kommen meist sehr viel mehr als drei Stränge zum Einsatz.
Unterschiedliche Geometrien
Die Klassiker unter den Geflechten sind das geflochtene Band, die sogenannte Litze und die Kordel. Heute weisen Geflechte aber auch schlauchförmige und viele weitere, sehr komplexe Geometrien auf – von rundgeflochtenen Schläuchen als Ummantelung von Kabeln bis zu Spezialformen als Verstärkungsstruktur für den Fahrzeugbau. Flechten ist heute eine Hightech-Technologie. Geflechte sind Hightech-Produkte für anspruchsvolle Aufgaben.
Herausragendes Merkmal aller Geflechte bildet dabei der schräge Winkel, in dem die Flechtstränge zueinander stehen. Seine Richtung liegt zwischen 10° und 80° zur Produktrichtung. (Beim Gewebe dagegen stehen die Garnsysteme generell senkrecht zueinander.)
Variable Eigenschaften, individuelle Funktionalität
Entscheidend für die jeweilige Funktionalität eines Geflechts sind der genaue Flechtwinkel, die Fadenanzahl, die Bindungsart und die Flechtdichte, d. h. die Anzahl der Flechtungen pro Längenabschnitt. Neben dem Material sind das die Parameter, über die wir die Eigenschaften des Schmaltextils präzise definieren können – etwa seine Dehnfähigkeit oder Porosität (d. i. das Verhältnis der Hohlräume zu seinem Gesamtvolumen). Passgenau für die jeweilige Anforderung. Auch über sogenannte Stehfäden lässt sich die Beschaffenheit von Geflechten definieren. Sie werden in Produktionsrichtung in 0°-Richtung integriert und machen aus dem biaxialen ein triaxiales Geflecht. Funktionen wie Stoßbeanspruchung oder Aufnahmevermögen können wir so zusätzlich steuern.
Vielfältige Flechtstrukturen
Die Struktur von Geflechten unterscheiden wir in Flachgeflechte (Litzen) und Rundgeflechte (Kordeln und Schläuche) auf der einen und 3D-Geflechte auf der anderen Seite. Unabhängig von ihrer äußeren Geometrie kreuzen sich die verflochtenen Fäden bei den beiden ersteren nur auf einer Ebene, während sie sich bei 3D-Geflechten in alle drei Raumrichtungen verkreuzen. Damit eröffnet das 3D-Verfahren eine Vielzahl von geflochtenen Formen und Profilen.
Textiltechnik V – Flechten
Eingeflochtene Funktionselemente
Gleich welche Flechtstruktur – Funktionselemente wie Knopflöcher, Leuchtfäden, leitfähige Materialien, Befestigungselemente können wir schon im Flechtprozess einarbeiten: Elemente, die in nicht-textilen Materialien nachträglich ergänzt werden, sind bei Geflechten fest integrierter Bestandteil des Produkts.
Zahlreiche Einsatzmöglichkeiten in allen Branchen
Geflochtene technische Textilien sind in nahezu jedem Lebensbereich im Einsatz: als leistungsstarke Unterseekabel, als feuerfeste Kordeln an Schutzanzügen, als Flechtlitzen an Orthesen, als Spannbänder in Autositzen, als faserverstärkte Leichtbauteile im Flugzeugbau und in zahllosen Anwendungen mehr. Und so produzieren wir für nahezu alle Branchen Geflechte: von der Spielzeugindustrie bis Automotive, vom Tiefbau bis zur Luftfahrt.
Geflechte von JUMBO-Textil
Fotos: JUMBO-Textil